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Street Artists verstecken „Homeland ist rassistisch“-Graffiti in aktueller Folge

Weil am Set offenbar niemand Arabisch spricht, waren mehrere Anti-Homeland-Schriftzüge in der aktuellen Folge im US-Fernsehen zu sehen.
Carrie betritt mit ihrem Bodyguard von der Hisbollah das Flüchtlingslager, links an der Wand der Schriftzug: „Homeland ist rassistisch“. Bild: Screenshot Showtime

Heba Amin, Caram Kapp und Stone waren wenig begeistert, als sie Anfang Juni einen Anruf von einem Freund erhielten. Die Produktionsfirma von Homeland suche ein paar arabische Graffiti-Künstler, die die Kulisse eines syrischen Flüchtlingscamps im Libanon mit authentischen arabischen Schriftzügen dekorieren könnten.

Authentizität, das war genau das, was die drei in Berlin lebenden Künstler aber an der US-Serie stets bemängelt hatten. Viel mehr sehen sie in der Politthriller-Reihe, deren fünfte Staffel in der deutschen Hauptstadt spielt und gedreht wird, eine plakative Propagandamaschine, in welcher der gesamte Mittlere Osten als dunkle Brutstätte islamistischer Terroristen diffamiert wird und das Fernsehpublikum falsche politische Fakten im Hochglanzformat serviert bekommt.

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„In ihren Augen sind arabische Schriftzeichen einfach ein visueller Zusatz, der ihre Horror-Fantasie vom Mittleren Osten vervollständigt."

Dann wurde den „Arabian Street Artist", wie sie sich selbst bezeichnen, aber schlagartig klar, welche Chancen ihnen zwei Tage Aufenthalt am Set von Homeland bieten würden. „Für uns war der Moment gekommen, unsere Meinung auszudrücken, indem wir die Serie selbst unterlaufen."

Die drei machten sich also auf den Weg an den Stadtrand von Berlin, wo sich das Motiv für das Flüchtlingscamp, Teil der zweiten Episode aus Staffel fünf, gerade im Aufbau befand. „Die Dekoration des Sets musste innerhalb von zwei Tagen fertig sein, am dritten sollte der Dreh beginnen. Die Setdesigner waren so hektisch, dass sie uns überhaupt keine Aufmerksamkeit schenkten […] Was wir auf die Wände schrieben interessierte niemanden. In ihren Augen sind arabische Schriftzeichen einfach ein visueller Zusatz, der ihre Horror-Fantasie vom Mittleren Osten vervollständigt, ein Poster, das die gesamte Region entmenschlicht und auf menschenlose schwarze Burkas, oder—wie in dieser Staffel—Flüchtlinge reduziert", berichtet Amin auf ihrer Website.

Auch ein wirksamer TV-Hacker: Wie der Äther-Pirat Max Headroom einen ganzen Fernsehsender übernahm

Am Sonntagabend saßen die drei dann gebannt vor dem Fernseher, als die Episode „The Tradition of Hospitality" im US-Fernsehen Premiere feierte. Hauptdarstellerin Carrie reist hier als Head of Security einer deutschen Wohltätigkeitsstiftung in ein syrisches Flüchtlingscamp im Libanon. Wer nun Arabisch kann—wie wohl 99 % der Homeland-Zuschauer eher nicht—dürfte an folgender Szene hängen geblieben sein:

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GIF: „Arabian Streets Artists"

Carrie betritt mit ihrem Bodyguard von der Hisbollah das Flüchtlingslager, links an der Wand der Schriftzug: „Homeland ist rassistisch". Da offensichtlich niemand am Set von Homeland Arabisch beherrscht oder die arabischen Schriftzüge noch mal überprüft hatte, waren nun mehrere der Graffitis von Amin, Kapp und Stone—teils direkte Anti-Homeland-Slogans, teils subtile politische Anspielungen—im US-Fernsehen zu sehen.

Eindrucksvoller als mit diesem kleinen TV-Hack kann man den Machern der Serie, die mit ihren plumpen Schwarz-Weiß-Malereien laut Amin Öl ins Feuer der Islamophobie in den USA gießen, wohl kaum den Spiegel vors Gesicht halten.

Auf ihrer Website berichtet Hami Amin detailliert von der künstlerischen Intervention und erläutert die Kritik der Künstler an der US-Serie. Gegenüber Buzzfeed erklärte Amin: „Wir versuchen, auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die von beliebten Shows wie dieser, für echte Personen ausgeht. Voll von Klischees und Ungenauigkeiten ist Homeland eine Bedrohung, weil es nicht nur im großen Rahmen den Rassismus antreibt und Perspektiven manipuliert, sondern sogar eine Rolle in der amerikanischen Außenpolitik und der Art und Weise, wie diese in unserer Region wahrgenommen wird, spielt."