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Usain Bolt vs Justin Gatlin ist mehr als nur Gut gegen Böse

Zwischen dem Sprintsuperstar Usain Bolt und dem Dopingsünder Justin Gatlin herrscht zuweilen eine bizarre Rivalität. Wieder mal geht es um die Integrität des Leichtathletiksports.
Foto: imago/Xinhua

Wer ist der schnellste Mann der Welt? Der jamaikanische Publikumsliebling Usain Bolt oder Doping-Bösewicht Justin Gatlin? Seit dem 100 Meter-Finale der Leichtathletikweltmeisterschaft in Peking scheint diese Frage vorerst einmal geklärt zu sein. Mit einer Zeit von 9.79 Sekunden verteidigte der 1,96 große Jamaikaner seinen Titel und zelebrierte diesen Sieg in gewohnter Bolt-Manier mit unzähligen seiner Fans. Lediglich 0.01 Sekunden trennten ihn von seinem amerikanischen Rivalen Justin Gatlin. „Es war das härteste Rennen meiner Karriere", beschreibt der Jamaikaner den Wettbewerb.

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Doch die Rivalität zwischen Usain Bolt und Justin Gatlin scheint weit über die Dominanz der 100 Meter hinaus zu gehen. Weit über Geschwindigkeit und unfassbare athletische Fähigkeiten. Vielmehr geht es bei dem Duell der beiden um den Kampf eines „sauberen" Athleten und einem Sportler mit zweifacher Doping-Historie. Gut gegen Böse, eine Geschichte, die dem Plot eines guten Actionstreifens entspringen könnte.

„Ich habe mich immer gepusht, für mich gehts hier nur um harte Arbeit und Hingabe. Das mache ich schon seit Jahren: Fokussieren und hart arbeiten", sagte der frisch gekürte Titelverteidiger Bolt im Anschluss an das Rennen. Gleichzeitig ist diese Aussage ein Seitenhieb, der klar auf Gatlins Vergangenheit anspielt.

Der Amerikaner befindet sich in Top-Form, doch bei jedem seiner Rennen wird wohl auch in Zukunft immer ein fader Beigeschmack bleiben. Ein seltsames Gefühl, das unterschwellig noch immer in jedem Leichtathletik-Fan zu gären scheint und auch bei vielen seiner Mitstreiter. Bereits 2001 wurde eine zweijährige Sperre für das Einnehmen von Amphetaminen gegen ihn verhängt. 2006 wurde er dann positiv auf einen überhöhten Testosteronwert getestet und auch das zog eine Stafe nach sich. Diesmal sollte eine achtjährige Suspendierung auf ihn warten. Eine Strafe, die 2007 auf vier Jahre reduziert wurde, weil sich Gatlin bereit erklärte, mit den Behörden zusammenzuarbeiten.

Aufgrund dieser Historie ist Doping in Verbindung mit der Person Gatlin auch bei den Medien noch lange nicht durch. Dies bekam der 33-Jährige während der Pressekonferenz im Anschluss an das Rennen von einem Reporter zu spüren.

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Sind Sie der Meinung, das Bolt für den sauberen Sport gewonnen habe? Gatlins Antwort war kühl und gelassen: „Ich bin dankbar für diese Frage", doch mehr sagte er dazu nicht. Auch auf weiteres Nachfragen gab er immer wieder dieselbe Antwort. „ich bin einfach sehr dankbar." Doch wieso war er dankbar? Das seine Vergangenheit angesprochen wurde? Das er überhaupt beachtet wird? Ein skurriles Szenario, das irgendwie stark an die Verhaltensweise von Russel Westbrook erinnerte.

Gatlin scheint sich abzuschotten, wenn es um das Thema Doping geht. Das größte Problem an der Sache ist jedoch, dass er sich nie zu seinen Doping-Vergehen bekannt hat.

„Jeder kann einen Fehler machen und man kann vergeben was einmal passiert ist ", erzählt britische Sprinter Dwain Chambers, der selbst des Dopings überführt wurde, „doch wenn man versucht so zu tun als ob nichts passiert wäre, kann auch nichts wieder gut gemacht werden."

Vielleicht soll dies Gatlins Versuch eines Neuanfangs sein, vielleicht ist seine Verhaltensweise aber auch nur eine seltsame Weise, sich unangenehmen Fragen zu entziehen. Eins ist sicher: Vertrauen schafft er damit nicht.

Betrachtet man die Top fünf der schnellsten 100 Meter Sprinter der Geschichte, ist Usain Bolt der Einzige, wenn es um das Thema Doping geht, der eine weiße Weste hat. Neben Bolt befinden sich in dieser Top fünf neben Tyson Gay, Asaf Powell und Yohan Blake auch Justin Gatlin. Und Gatlin ist mit ganzen zwei Doping-Vergehen am negativ Ende der Liste.

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Die Kritik an ihm kommt nicht von ungefähr. Nach dem zweimaligen Nachweis verbotener Substanzen sorgt Gatlin nicht gerade dafür, seinen Namen reinzuwaschen. Zu seinen Doping-Zeiten arbeitete Gatlin mit Trainer Trevor Graham zusammen. Eine Person, die auf Lebenszeit gesperrt wurde, nachdem acht seiner Athleten des Dopings überführt wurden.

Und nun, vier Jahre nach Gatlins Sperre, wird er von Justin Mitchell betreut. Auch er wurde zu seiner aktiven Zeit aufgrund von zu hoher Testosteronwerte zwei Jahre gesperrt.

Usain Bolt hingegen ist seit Jahren das Aushängeschild der Szene. Er bricht Rekorde, ist charismatisch und gibt sich offen. Auch beim Thema Doping kann man ihm nichts ankreiden. Wahrscheinlich ist das auch einer der Gründe für seine Popularität.

Doch selbst ein unangefochtener Star der Leichtathletik-Szene, sieht es als schwierig an, den Sport alleinig auf seinen Schultern zu neuem Glanz zu führen. „Es liegt nicht nur daran, dass ich es einfach nicht alleine bewerkstelligen kann." Es sei einfach nicht seine alleinige Aufgabe, so Bolt während einer Pressekonferenz kurz vor der Weltmeisterschaft. „Es liegt in der Verantwortung jedes Athleten, den Sport zu retten und zu zeigen, dass es auch ohne Doping-Sünder vorangehen kann".

Gatlin hingegen kritisiert die angeblich einseitige Berichterstattung der BBC und entzieht sich somit den Interviews einiger Journalisten. Er könnte einen neuen Schritt wagen und vielleicht auch seine Doping-Schuld Stück für Stück reinwaschen, doch nach den seltsamen Ereignissen während der Pressekonferenz und seinen Karriereentscheidungen nach der Dopingsperre hinsichtlich seiner Trainer scheint es ihm viel wichtiger Symphatiepunkte beim heimischen Publikum einzustreichen. Und auch das tut er auf eine emotionale, jedoch sehr befremdliche Weise.