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Mit Brainflight kannst du Flugzeuge alleine mit deinen Gedanken steuern

Dank einem Brain-Computer-Interface der Berliner und Münchener TU können Piloten, körperlich Eingeschränkte und Laien ein Flugzeug alleine mit Gedanken steuern.
Bild: TU München | Mit freundlicher Genehmigung

Freihändig Fahrradfahren ist eine entspannte Sache. Du richtest dich auf, lässt die Arme baumeln und geniesst die vorüberziehende Welt. So ähnlich könnte bald auch die Arbeit von Piloten aussehen. Nicht wegen des Autopiloten oder einer neuen fahrradartigen Arschlenkung, sondern wegen Brainflight. In dem EU-geförderten Projekt wollen Forscher der TU München und TU Berlin es jetzt möglich machen, ein Flugzeug nur mit der Kraft der Gedanken zu steuern.

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Brainflight untersucht, wie gut Flugerfahrene und Laien einen Flugsimulator allein durch Bewegungsintentionen steuern können. Mit der Cyber-Badekappe, dem unten abgebildeten EEG, wird die grobe Hirnaktivität des Piloten gemessen. Aus dem Unterschied zwischen der Aktivität auf der linken und der rechten Hirnseite kann eine Analyse-Software in Echtzeit ermitteln, ob der Proband gerade an eine Bewegung mit der rechten oder linken Köperseite gedacht hat. Dieses Signal wird dann an die Steuerung des Simulators übertragen.

Bild: TU München | Mit freundlicher Genehmigung

„Das Spannende an dem handfreiem Flug ist für uns die Aussicht darauf, Menschen das Fliegen zu ermöglichen, denen das heutzutage physisch noch nicht möglich ist.", schrieb mir Tim Fricke, der Verantwortliche für das Projekt, in einer E-Mail. „Zum anderen wäre es natürlich auch toll, wenn man damit das Fliegen intuitiver und damit sicherer machen könnte."

Es konnte eine Genauigkeit von über 90% erzielt werden.

Das Brain-Computer-Interface (BCI), also die Software die Intentionen erkennt und weitergibt, wurde von Berliner Forschern um Thorsten Zander im PhyPA-Projekt an der TU Berlin entwickelt. Für jeden der 32 Kanäle des EEG (im Bild oben die bunten Punkte) erhält man ein Signal das beschreibt, wie die Aktivität des Gehirns unter der Elektrode gerade grob aussieht. Aus den Mustern die das EEG von der Hirnaktivität aufnimmt erkennt die BCI-Software, ob der Pilot an eine Bewegung der linken oder rechten Hand denkt.

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„Grundsätzlich stellen sich die Probanden Bewegungen ihrer Hände vor." beschreibt mir Tim Fricke. „Wie genau diese Bewegungen aussehen, bleibt den Probanden überlassen. Es kann zum Beispiel das Ballen einer Faust sein oder das Heben eines Armes." Jeder Pilot nutzt also seine ganz eigenen Hirnmuster und Gedanken, um das Flugzeug zu lenken.

Und so sieht dann das Resultat im Simulator aus:

„Wenn sich der Pilot eine Bewegung der linken Hand vorstellt, wird die Energie in des Aktivitätsmusters für die linke Hand stäker, während das Muster für Fußbewegungen konstant bleibt, was als Kommando nach links interpretiert wird." erklärte mir Thorsten Zander. „So konnte eine Genauigkeit von über 90% erzielt werden."

Allerdings glaubt Zander nicht, dass die Piloten in naher Zukunft die Hände in den Schoss legen werden:

Wir [sind] noch weit von echten Anwendungen im Flugzeug entfernt. Normalerweise sitzen die Leute gelangweilt im Labor, was ziemlich weltfremd ist. Ich persönlich habe die Hypothese, dass das Gehirn in realen Situationen stärker aktiviert ist und sich andere Signale messen lassen.

Mir scheint, dass vor allem die Aussicht, gelähmten Menschen mehr Bewegung zu schenken eine frühe Anwedung dieser Forschung sein kann. Und obwohl hier ein EEG mit 32 Kanälen einem Gehirn mit 100 Milliarden Zellen und zehntausenmal mehr Synapsen gegenübersteht, zeigt das Brainflight-Projekt, dass auch relativ alte Methoden wie das EEG dem Gehirn manchmal noch etwas entlocken.