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Popkultur

20.000 Tage hat Künstler Nick Cave nun schon auf dieser Erde verbracht. Ein neuer Film blickt hinter die Fassade des Menschen und Künstlers.

Wir haben mit den Regisseuren des Films "20.000 Days On Earth" über ihre Arbeit mit dem exzentrischen Künstler gesprochen und erfahren, warum sie das Museum Of Important Shit eröffnet haben.

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Drafthouse Films

Am 22. September wird der Musiker Nick Cave 57 Jahre alt. Er hat dann insgesamt 20.085 Tage auf dieser Erde verbracht. In seiner über 30-jährigen Karriere (knapp 11.000 Tage) als Frotmann der Bad Seeds und Grinderman hat sich Cave als einer der berüchtigsten noch lebenden Rockstars überhaupt etabliert. Der Mensch Nick Cave lässt sich dabei nur schwer vom Ruhm und Mythos des kultigen Rockstars trennen. Es ist diese Diskrepanz zwischen Person und Künstler, die 20.000 Days On Earth ausmacht. Der Film ist teils Dokumentarfilm, teils dramatische Inszenierung des Alltags eines australischen Rockstars und echt harten Typens.

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Die Regisseure Lain Forsyth und Jane Pollard haben für 20.000 Days On Earth einen impressionistischen Einblick in die Gedankenwelt des Musikers gewagt. Außerdem stellen sie tiefergehende Fragen zu Kunst und Kreativität. In unserer neuen Dokumentation erklärt Pollard, warum dieses spezielle Doku-Format es den Regisseuren erlaubte, mit Cave ein Projekt zu verwirklichen, das nicht nur im Detail erzählt, „wo er seinen Kopf hat und was ihn bei seiner Arbeit antreibt“, sondern auch das Wesen des „kreativen Geists und des Feuers, das in uns allen brennt" erkundet sowie "das, was wir mit unserer Zeit auf der Erde anstellen“.

Um diese hehren Ziele zu erreichen, konnten die Regisseure natürlich weder eine 08/15-Dokumentation drehen noch ein Interview im Dialog-Stil führen. Sie entwickelten stattdessen eine an fiktive Filme angelehnte Struktur, ohne jedoch ein Drehbuch zu schreiben. „Alles, was passierte, passierte live“, erzählt Forsynth über die improvisierten Szenen, in denen Cave mit seiner Frau, seinen Bandkollegen und seinem Therapeuten redet.

Während sich der Film mit konstruierten Identitäten und dem menschlichen Leben an sich beschäftigt, wollten die Regisseure auch folgende Frage stellen: „Wie schafft es Kultur, ihre eigene Vergangenheit aufzubrauchen? Es gibt eine Tendenz dahin, Dinge zu wiederholen–dieses klassische Album noch einmal von Anfang bis Ende zu spielen.“ Um Ideen des kulturellen Gedächtnis und persönlicher Geschichte aufzugreifen, konzentriert sich der Film auf „diese Gegenstände, die in deinem Leben als Gedächtnisstützen fungieren und die Erinnerung an eine Person, einen Ort oder eine Zeit entfesseln können.“

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Cave lässt im Film seinen Erinnerungen und Sehnsüchten freien Lauf. Wie Forsyth uns erzählt, wählte Cave keine besonders wertschätzende Bezeichnung für seine Angelegenheiten „Das ist doch alles Scheiße, oder nicht? Aber es war damals wichtig für mich.“ Seitdem der Film im Kasten ist, haben sich die Regisseure noch weiter mit dem Thema beschäftigt und mit Hilfe des Film Forum eine neue Art von Museum geschaffen. Die virtuelle Online-Kollektion wird passenderweise den Namen The Museum Of Important Shit tragen. Sie soll „das Archiv für jedermanns wichtigen Scheiß, egal was es ist,“ werden.

Für den Anfang sollen Nina Simones Kaugummi und Nick Caves Gegenstände aufgenommen werden. Außerdem ist jeder aufgerufen, seinen ganz eigenen „Scheiß“ einzusenden. Ironisch gemeint oder nicht, das Projekt verspricht, die Erfahrung von 20.000 Days On Earth weiter auszubauen.

Auch wenn wir vielleicht niemals in die innere Welt des Menschen Nick Cave vordringen können, konserviert der Film den Teil seiner Identität, der sein legendäres Erbe ausmacht. „Diese Persönlichkeiten–die Cohens, die Dylans, die Caves– sind alle irgendwie zerbrechlich“, so Pollard. „Ich denke, wir sollten uns um sie kümmern. Unsere Kultur verändert sich. Es wird in Zukunft nicht mehr allzu viele von ihnen geben, weil wir einfach zu viel sehen.“
Mit 20.000 Days On Earth bekommen wir auf jeden Fall schon mal den Nick Cave, den wir sehen wollen.

>> Für mehr Informationen zum Film besucht die Website von 20.000 Days On Earth