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Aus Kriegsgeräten werden Korallenriffe in Glenn Kainos Installation „Tanks"

In seinem Beitrag für die dritte Kunstbiennale Prospect.3 in New Orleans verwandelt der Konzeptkünstler Glenn Kaino ausgemusterte Panzer in Korallenriffe.

Glenn Kaino, Tank, 2014. Acryl, Aquarien, Metall, Korallen. Fotos: Joseph Rynkiewicz, Eigentum von Glenn Kaino und Kavi Gupta CHICAGO | BERLIN. Installation auf der Prospect 3 in New Orleans, kuratiert von Franklin Sirmans.

Kunstausstellungen werden manchmal als Brutstätten für neue Ideen beschrieben, aber selten sind sie Brutstätten im wörtlichen Sinne, Leben zu unterstützen oder zu züchten.

Die vor Kurzem in New Orleans eröffnete dritte Kunstbiennale Prospect.3 ist dank des ambitionierten Beitrages Tank (2014) des L.A.-Konzeptkünstlers Glenn Kaino beides.

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Tanks ist in Zusammenarbeit mit Grand Arts in Kansas City entstanden und wird dort nach der Biennale zu sehen sein. Tanks verwandelt Teile eines ausgemusterten M60-Kampfpanzers in Unterwassenwelten, indem durchsichtige Panzerteilabgüsse als Nährböden für Korallenpolypen dienen. In sieben Aquarien wachsen die Korallenpolypen langsam zu farbintensiven und bunt gemusterten Korallenriffen heran.

Die Korallenaquarien von Tank

Gegenüber TCP erklärt Kaino, dass das ungewöhnliche Konzept und die Struktur vom wahren Leben inspiriert worden seien. Vor zehn Jahren hat er vom „Reef Exercise“, einem Programm der US-Army gehört. Wenn ausrangierte Autos lange genug im Meer versenkt sind, können sie zu Korallenriffen werden. Diese Idee haben in den letzten zehn Jahren mehrere US-Bundesstaaten aufgegriffen und alte Panzer im Meer versenkt. Dort sind sie zu Quellen maritimen Lebens und lokaler Ökosysteme geworden.

„Als die Panzer im Laufe der Zeit zerfressen wurden, haben sich auf ihnen Korallen und Algen niedergelassen, die dazu beigetragen haben, dass daraus tatsächlich Riffe wurden und Fische in überfischten oder abgefischten Gebiete wieder heimisch wurden“, schrieb er mir.

Kaino gefiel die Symbolik dahinter: der Sieg der Natur über Maschinen, genauer gesagt über zerstörerische Maschinen. „Ich dachte, dass das sehr bewegend und poetisch ist, wenn einige der kleinsten Lebewesen auf der Welt diese enormen und technisch hoch entwickelten Mittel der Verdrängung zurückerobern“, sagt er mir.

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Nahaufnahme: Korallen wachsen auf einem ausgemusterten Panzer

Obwohl dieses Bild des Sieges der Natur über Kriegsgeräte ein hoffnungsvolles ist, können ebenso gut genauso negative Rückschlüsse über die Natur und die Tierwelt gezogen werden. Kaino gibt zu bedenken, dass selbst einfachste Lebewesen von einem kolonialen Drang angetrieben werden, wie die reflexartige Ausbreitung der Korallen mit ihrer Inbesitznahme von Raum suggeriert.

Korallen reagieren lediglich auf Umweltreize und „überleben ohne nachzudenken“, da sie nur über ein einfaches Nervensystem verfügen und kein Gehirn haben. Das langsame Wachstum der Korallenpolypen dürfte kaum als Stoff für Hollywood-Kriegsfilme taugen, dennoch rufen ihre reizgesteuerten Interaktionen untereinander und mit dem Aquarium Bilder von Gewalt und Zwang wach.

Tank (2014) verdeutlicht und untergräbt gleichzeitig den kolonialen Drang. Die Korallen verwandeln den Panzer in ein wunderschönes und lebenserhaltenes Objekt. Jedoch wird das nur erreicht, nachdem die Korallen den Kampf um Raum mit der Panzeroberfläche gewonnen haben, um richtig wachsen zu können.

Die Inventarnummer des ausrangierten Panzers

Sich einzugestehen, dass es von Natur aus einen kolonialen Impuls gibt, ist der erste Schritte diesen Instinkt bei uns selber zu problematisieren und letztlich zu bekämpfen. „Wenn schon diese einfach gestrickten Protagonisten das Verlangen haben, mit kriegsähnlichen Tendenzen Grenzen zu besetzen, wie können wir dann das Bedürfnis nach Frieden beurteilen?“, fragt Kaino.

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Ein Weg für Frieden könnte sein, wenn wir erst verstehen lernen, was uns Menschen einzigartig und zu einer hochentwickelten Spezies macht. Welchen der vielen Einflüsse, z.B. Gefühle, Reize, Intelligenz, auf unseren Körper sollten wir trauen und folgen?

Einige von Kainos Korallen

Gehören Großzügigkeit und Aufopferung zum Menschsein? Was sind die Kosten von menschlicher Subjektivität? Nach Kaino werden diese und ähnliche Fragen über die menschliche Natur und die angeborene Verantwortung als Mensch durch Tanks thematisiert.

Ursprünglich sollten die Panzerteile für bestimmte historische und zeitgenössische Kolonialkonflikte oder Zusammenstöße stehen. Im Laufe der Entstehung wurde jedoch deutlich, dass sie für imaginäre oder angedeutete Konfliktzonen stehen.

Das ist insofern konsequent, da die Installation keine direkte politische Botschaft transportiert, sondern stattdessen ein nuanciertes Mittel der Visualisierung von gewaltsamen Begegnungen ist, das den Betrachter fragt, wie wir Gewalt verhindern können.

Impressionen der Installation

>> Tank ist bis zum 25. Januar 2015 im Rahmen der Kunstbiennale Prospekt.3 zu sehen