Die versteckten Gebäude von Amsterdam, die ihr nie sehen werdet
Telefooncentrale (Telefonzentrale) Amsterdam-West, entworfen vom Architekten Albert Boeken und 1928 gebaut. Sie wurde bis 2015 genutzt und wird nun saniert und zu Wohnflächen umgebaut. Alle Fotos stammen vom Autor. 

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Architektur

Die versteckten Gebäude von Amsterdam, die ihr nie sehen werdet

Die Geschichten hinter den verborgenen Gebäuden Amsterdams.

Wenn man krank ist, fallen einem die unterschiedlichsten Dinge ein, um sich ein wenig abzulenken. Eine Möglichkeit ist beispielsweise, seine eigene Stadt über Google Earth zu erforschen. In dieser 3D-Version der Realität kann man sich stundenlang über den Dächern bewegen und verborgene Ecken ausfindig machen. Nicht alle europäischen Städte sind auf diese Weise zu erkunden, doch glücklicherweise gehört Amsterdam dazu.

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Klar sind die Bilder nicht perfekt—Google Earths Interpretation der echten Welt ist mit Bäumen aus Computerspielen von 1995, Fassaden, die an Gesichter mit verlaufener Mascara erinnern und Gebäuden, die wie dahinschmelzende Architekturmodelle aussehen, oft noch ziemlich primitiv. Gleichzeitig muten die Bilder aber wie eine faszinierende, wenn auch unbeabsichtigt entstandene Art von Cyber-Kunst an.

Diese besondere Erkundungstour aus der Vogelperspektive kann man noch interessanter gestalten, wenn man etwas über die Geschichte hinter Gebäuden, die man normalerweise während einer Fahrradfahrt durch Amsterdam nie sehen würde, recherchiert. Hier folgen einige Bilder solcher versteckten Gebäude in Amsterdam.

Das evangelisch-lutherische Waisenhaus aus dem Jahr 1678. 1811 schmiss Napoleon die Waisenkinder aus dem Gebäude, weil er es als Militärkrankenhaus brauchte. Aktuell befinden sich darin hauptsächlich Büros. 

Die British School of Amsterdam wurde 1930 als Dalton School (eine gemischte Schule) erbaut. 1941-43 war sie eine der Schulen, in die vor allem jüdische Kinder gingen, da die Nazis nicht erlaubten, dass sie mit anderen Kindern zusammen zur Schule gingen. So wurde sie zur jüdischen Schule Nr. 13. 1941 gab es noch 300 jüdische Schüler und Schülerinnen, doch bereits 1942 sank diese Zahl auf 200, da Tag für Tag etliche Kinder „verschwanden“. Genauere Zahlensind nicht bekannt. Die British School wird bald in das ehemalige Gefängnis ziehen (siehe unten).

Das ehemalige Huis van Bewaring II aus dem Jahr 1890. 1980 verkaufte der Staat das Gebäude an die Stadt Amsterdam, weil er das Gefängnis nicht mehr brauchte. Es war teilweise besetzt und beherbergte eine Bhagwan-Kommune und ein Folklore-Tanztheater. Schon bald brauchte der Staat aber doch wieder mehr Gefängniszellen und kaufte sich das Gebäude zurück. 2014 wurde das Gefängnis endgültig geschlossen, danach zogen etwa 180 Flüchtlinge (größtenteils aus Syrien) ein. Bald soll das Gebäude renoviert werden, so dass bis 2019 die British School of Amsterdam einziehen kann.

Nicolaas Maes Schule. Das weiße Gebäude stand seit 1999 an der Stelle, an der seit 1916 ein typisches Amsterdamer Gebäude im Stil einer Schule seinen Platz gehabt hatte. 2012 öffnete jedoch eine renovierte Version ihre Türen (dieses Bild von Google Earth stammt aus dem Jahr 2004), weil das weiße Gebäude ein kompletter Flop gewesen ist. Die Treppen waren zu gefährlich, die Türen schlugen so schnell zu, dass sie den Kindern die Finger einklemmten, das Innenklima war schrecklich und die Plastik-Fassade verwitterte sehr schnell. Die Architektengruppe aus den 1990er Jahren (MVSA, die auch das Gebäude des ehemaligen Hauptsitzes der ING Bank entworfen hatte, das auch „der Schuh“ genannt wird) argumentierte, dass das begrenzte Baubudget die Ursache gewesen sei. Ein Vertreter der Lokalverwaltung (also der Kunde) hingegen sagte, dass die Architekten offenbar das Design der Nutzbarkeit übergeordnet hatten, und das MSVA gegen die Renovierung gewesen war, weil sie ihr geistiges Eigentum schützen wollten. Der Schuldirektor sagte gegenüber der Lokalzeitung Het Parool: „Es ist ein Meisterstück des Designs, doch als Schule gänzlich ungeeignet.“ Das neue Gebäude ist mit Holz verkleidet, hat eine andere Inneneinrichtung, neue Klimasysteme und einen neuen Spielplatz.  

Dieser Artikel ist ursprünglich auf The Creators Project Netherlands erschienen.