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Popkultur

Dieser Berliner Künstler will über die Baumkronen des afrikanischen Regenwalds laufen.

Christoph Both-Asmus reist mit seinem Filmprojekt "The Tree Walker - Balancing On The Edge Between Earth and Sky" nach Gabun.

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Christoph Both-Asmus

Jeder kennt die Wucht, mit der man aus einem behaglichen Tagtraum gerissen wird. Sie lässt einen so stark mit der vollkommen phantasiefreien Realität kollidieren, dass man sich erstmal einige Sekunden sammeln muss, um diese faszinierende Imaginationsreise, die man da gerade hinter sich gebracht hat, zu verdauen. Die erstaunlich realen Emotionen, die der Traum freisetzt, sind wohl der Grund dafür, dass man sich bisweilen auch noch Jahre später an ihn erinnert–oder sich sofort nach dem Aufwachen sicher ist, dass dieser Traum in die Tat umgesetzt werden muss.

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Letzteres war der Fall bei Christoph Both-Asmus, als er aus dem Fenster seines ehemaligen Ateliers in Amsterdam blickte und sich nahezu schwerelos über die Baumwipfel des umliegenden Parks balancieren sah. Gute fünf Jahre später steht er kurz vor einer Expedition in den Regenwald von Gabun, wo sein Traum im Rahmen eines Filmprojekts Realität werden soll. Mit Hilfe eines höhensteuerbaren Helium-Ballons will Both-Asmus über die Wipfel der bis zu 60 Meter hohen Moabi-Bäume im Akanda National Park nordöstlich der gabunischen Hauptstadt Libreville laufen. The Tree Walker lautet der passende Name des Projekts, auf das Both-Asmus seit besagtem Traum im April 2009 hinarbeitet.

Die erste Station auf dem Weg zur Verwirklichung seines Traums führte den Künstler nach Berlin. Hier lernte Both-Asmus die Technik des Seilunterstützten Baumkletterns, das in der Forstwirtschaft und Baumpflege angewendet wird. Nach einigen Monaten Training gelang es Both-Asmus dann, selbständig auf die 32 Meter hohen Bäume des Berliner Teufelsbergs zu klettern. Hier schnupperte er erste "Tree Walker"-Luft und simulierte mit Hilfe einer selbst gebauten Plattform für das Filmprojekt einer befreundeten Regisseurin erstmals das Stehen auf einem Baum.

Foto: Both-Asmus auf den 32 Meter hohen Bäumen des Berliner Teufelsbergs

Nun ist aber das Klettern auf einen Baum dieser Höhe eher das kleinere Problem, wenn man wie Both-Asmus um die 150 bis 200 Meter auf den Wipfeln dieser Bäume zurücklegen will. Die viel größere Schwierigkeit besteht darin, sich überhaupt fortzubewegen. Hier kommt Erfinder und Luftfahrttechniker Dany Cleyet-Marrel ins Spiel. Der 66-jährige Franzose entwickelt seit über 30 Jahren Ballons und Zeppeline für Wissenschaft, Forschung und Filmproduktion.

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Seine bekannteste Innovation ist der Cinebulle, der unter anderem in der Human Planet Serie der BBC zum Einsatz kam und ein neues Konzept des Filmens inspirierte. Vor allem Botaniker und Entomologen auf der Suche nach Daten und Proben hat Cleyet-Marrel bereits über den Akanda National Park schweben lassen. Er hat dafür die sogenante Canopy Bubble entwickelt, einen Helium-Ballon von 7,4 Meter Durchmesser und 210 Kubikmeter Volumen. Der Ballon trägt eine Person inklusive Equipment, seine Flughöhe lässt sich per Helium-Ventil regulieren.

Foto: Der Helium-Ballon "Canopy Buble" von Dany Cleyet-Marrel im Einsatz

Die Nationalparks von Gabun zählen zu den am dichtesten bewachsenen Regionen tropischen Regendwalds auf der Welt (einen landschaftlichen Eindruck bekommt ihr im Film Das Geheimnis der Bäume, an dem auch Dany Cleyet-Marrel mitgewirkt hat). Genau das macht sie für Both-Asmus' Vorhaben attraktiv. Außerdem von Vorteil ist ihre Lage am Äquator. Hier bläst in den ersten drei Stunden nach Sonnenaufgang nur ein sehr leichter Wind, der Both-Asmus den nötigen Antrieb gibt, um sich fortzubewegen, gleichzeitig aber keine Gefahr darstellt, ihn auf und davon zu tragen.

Foto: Forscher bewegen sich mit Hilfe eines vorher gespannten Seils von Baumkrone zu Baumkrone 

Während sich die Forscher auf ihren Baumwipfel-Exkursionen mit dem Canopy Bubble meist an einem vorher zwischen den Bäumen gespannten Seil entlang ziehen, möchte Both-Asmus auf diese Hilfe soweit möglich verzichten. Sein Film soll die Illusion eines "schwerelosen Schwebens zwischen Himmel und Erde" vermitteln. Both-Asmus hat dafür bereits in die Trickkiste gegriffen. Ausgerüstet mit einem Gurtzeug von Climbing Sutra ging er bei Action-Designer Jason Oettlé vom Berliner Stuntnetwork in die Lehre. Die Stuntschmiede hatte unter anderem bei World War Z ihre Finger im Spiel, wir dürfen also gespannt sein. Über mehrere 25 Meter lange Technora-Seile wird Both-Asmus mit dem Helium-Ballon verbunden sein. Für den Fall der Fälle trägt er das nötige Equipment im Rucksack, um sich selbständig abseilen zu können. Ein UKW-Funkgerät ist außerdem in der Canopy Bubble installiert. Wir drücken die Daumen!