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Design

Ein Interview mit den Designern von Norwegens neuer Währung im Pixel-Style

Die Markendesigner von Snøhetta haben den neuen norwegischen Banknoten ein pixeliges Gewand verpasst. Wir haben mit ihnen über ihr Konzept „The Beauty of Boundaries“ gesprochen.

Fotos mit freundlicher Genehmigung der Künstler

Dieses Jahr im Frühling rief Norwegens Nationalbank einen Design-Wettbewerb ins Leben, um der Währung des Landes ein modernes, ästhetisches Update zu verpassen. Mittlerweile stehen die Sieger fest: die skandinavischen Designfirmen The Metric System und Snøhetta teilen sich den Sieg und werden Vor- bzw. Rückseite der Scheine gestalten. Während die Entwürfe von The Metric System traditionell und gediegen die nordische Geschichte reflektieren, verpasst Snøhetta den zukünftigen norwegischen Kronen einen futuristischen Pixel-Art-Touch. Die begeisterten Reaktionen im Netz reichen von „The World's Best Money“ (Citylab) bis zu einem ganzen Fjord an Karma-Punkten auf Reddit.

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Das visuelle Kernmotiv von Snøhetta, die ihren Stil als The Beauty of Boundaries bezeichnen, sind Pixel, die „visuelle Sprache unserer Zeit“. Mit dem rationalen, würfelförmigen Muster präsentieren sie das von der Norwegischen Zentralbank gewählte Motiv The Sea und gehen dabei soweit, die alte Seefahrer-Wissenschaft der Beaufortskala in den visuellen Mix zu integrieren. „Auf dem 50-Kronen-Schein ist der Wind sanft und wird von kurzen, würfelförmigen Formen sowie langen langen, zahmen Wellen in einem organischen Muster dargestellt. Auf dem 1000-Kronen-Schein ist der Wind stark, was wir durch scharfe, lange Formen auf den Würfeln und kurzen Wellen ausdrücken.“ Diese dualistische Natur des Designs, „sowohl traditionell als auch modern“, war laut einer Presseerklärung der Norges Bank entscheidend.

„Dieses Grafikdesign ist das sozialste Projekt, an dem wir jemals gearbeitet haben. Ich kenne keine andere Anwendung, die so oft den Besitzer wechselt wie Geld“ erklärt Martin Gran, Leiter für Markendesign bei Snøhetta gegenüber The Creators Project. „Grafikdesigner und Architekten haben an diesem Projekt auf nationaler und internationaler Ebene gearbeitet. Wir dachten dabei nicht nur an Norwegens nationale Banknote, sondern ein Fenster zur Welt.“

Snøhetta, benannt nach der höchsten Bergspitze Norwegens, verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Bereich Architektur und hat so renommierte Projekte wie die Bibliothek von Alexandria, die noch andauernde Rekonstruktion des Times Square oder den National September 11 Memorial Museum Pavilion geleitet. In der Zeit, seit der Gran zur Firma gehört, hat Snøhetta Aufträge von Kunden wie dem norwegischen Tourismus-Riesen Telemark, den (mittlerweile abgesagten) Olympischen Spielen in Oslo 2022 und der DnB NOR bekommen.

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Neben Gran haben wir uns auch mit Snøhettas Markendesigner Mattias Frodlund über die Konzepte und Prozesse, die in die Kreation der neuen Währung geflossen sind, sowie die Zukunft des Geldes und die Reaktionen auf die neuen Banknoten im Internet unterhalten:

The Creators Project: Wie kam es dazu, dass ihr Pixel Art als Design für Geldscheine aus Papier verwendet habt?

Mattias Frodlund: Bei Snøhetta basiert unser Design immer auf einem starken Konzept. Unser Konzept The Beauty of Boundaries dreht sich um Unterschiede und wie sie zueinander in Verbindung stehen. Wir fanden einen Weg, dieses Konzept durch Mosaike auszudrücken–die Kunst, ein Bild durch die Ansammlung von vielen kleinen Stücken zu kreieren. Die frühesten bekannten Beispiele von Mosaiken wurden in einem Tempel in Abra, Mesopotamien, gefunden. Sie werden auf die zweite Hälfte des dritten Jahrtausends vor Christus zurückdatiert. Gleichzeitig setzen sich die meisten Bilder, denen wir heutzutage ausgesetzt sind, aus winzigen digitalen Pixeln zusammen. Wir finden das großartig und fanden diese Gegenüberstellung sehr passend für das Design. Es ist ein starker Ausdruck unseres Konzepts. Und man könnte es als Manifestation von Vergangenheit und Gegenwart bezeichnen.

Siehst du somit Pixel als Buchstaben unseres modernen Alphabets? Betrachtest du euer Design als modern oder vielleicht etwas noch Neueres?

Nicht wirklich. Die Pixel sind einfach der akkurateste und vielfältigste Ansatz, unser Konzept The Beauty of Boundaries auszudrücken. Ein Pixel ist eine perfekte Begrenzung (boundary). Gemeinsam können sie abstrakte und konkrete Bilder formen. Leider muss ich sagen, dass sie in diesem spezifischen Design einfach das richtige Instrument waren, welches das harmonischste Bild und Design produzierte. Also eher eine Methodik als ein Alphabet. Wir versuchen, das Design, das wir produzieren, nicht in irgendwelche Schubladen zu stecken. Für uns gibt es nur gut oder schlecht, nichts dazwischen. 'Modern' ist so eine Schublade. Wir versuchen, ein Design zu kreieren, das im besten Fall ehrlich, dauerhaft, verständlich und gründlich bis ins letzte Detail ist.

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Siehst du ökonomische Ähnlichkeiten zwischen heute und den Zwischenkriegsjahren? Wie hat das euren Design-Prozess beeinflusst?

Naja, man kann schon welche sehen, wenn man will. Aber angesichts der Tatsache, dass die Welt heute (zum Glück) ein ganz anderer Ort ist als vor 80 Jahren, möchte ich da jetzt nicht näher drauf eingehen. Aber klar, ökonomische Zwänge haben erwiesenermaßen die Qualität von Kreativität, Design und Handwerkskunst beeinflusst. Wenn das Budget begrenzt ist, muss man schon mal länger nachdenken, mehr ausprobieren und akkuratere und schlauere Entscheidungen treffen.

Hat die moderne Bewegung der Pixel Art das Layout der neuen Krone beeinflusst?

Ehrlich gesagt kenne ich gar keine aktuellen Pixel-Künstler. Wir haben uns aber sehr mit den Werken von Paul Klee, David Salle und Johannes Rian auseinandergesetzt. Ich denke, man kann in gewisser Weise auch einen Fotografen als Pixel-Künstler beschreiben. Inspirierend sind auch die zeitgenössischen Werke von Sølve Sundsbø, Fredrik Lieberath, Annie Leibovitz und Terry Richardson, um mal ein paar Namen zu nennen.

Worin bestand die größte Herausforderung, mit pixelähnlichen Formen das Motiv The Beauty of Boundaries auszudrücken?

Es war keine wirkliche Herausforderung. Wenn man ein Konzept oder eine große Idee hat, macht sie von Anfang bis Ende einfach total Sinn. Ich persönliche denke, dass die Leute es mögen und schätzen werden, weil sie es nicht erwarten, diese Art von Design auf einer Banknote zu sehen. Und ohne arrogant sein zu wollen: Man kann es vielleicht mit dem Einfluss der Modernisten in Europa in den Zwischenkriegsjahren vergleichen. Wenn die Notwendigkeit für etwas Neues sehr groß ist, fällt es leichter etwas zu akzeptieren, das aus der Masse heraussticht.

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Wie seid ihr als Designer mit den Beschränkungen wie Farbwahl, Eignung für Sicherheitsfunktionen und Größe umgegangen?

Für Designer ist es immer wichtig, von Anfang an die Arbeitsfläche zu kennen. Man entfernt sich dann etwas von ihr und betrachtet sie aus der Distanz. Diese Arbeitsweise ist entscheidend. Wenn man dann noch mal die Regeln betrachtet, helfen sie dir meistens das Design zu verfeinern, zu reduzieren und zu perfektionieren. Bei Snøhetta sind Reduzierung und Einfachheit der Schlüssel. Ein gutes Regelwerk ist also nicht unbedingt ein Problem-im Gegenteil.

Gibt es einen Aspekt des neuen Redesigns, den die Leute vielleicht nicht sofort verstehen?

Vielleicht unseren ursprünglichen Gedanken, dass dies eventuell das letzte Geld ist, das in Norwegen produziert wird. Es könnte die letzte Form von Papiergeld sein. Wir wollten die digitale Welt etwas necken: Seht mal, wir können so sein wie ihr, digital und verpixelt, nur viel schöner.

Die Bilder eures Designs stießen auf reges Interesse auf Reddit und CityLab nannte es „The World's Best Money“. Warum ist das Internet so verrückt nach eurem Design?

Das Internet ist wie ein riesiger, sich ständig bewegender Jabba. Man weiß nie, ob er etwas mag oder total ablehnt. Aber eines ist wohl wahr: Das Design wurde auf dieser Art Medium wohl wirklich nicht erwartet. Es ist irgendwie erfrischend, wenn jemand absichtlich die Regeln bricht. Es ist punkiges Geld und auf gewisse Weise Avantgarde. So was wird immer von der Masse gewürdigt werden.

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Was passiert, wenn Währung digital wird? Welche Zukunft sieht du für eine monetäre Infrastruktur nach der Ära des Papiergeldes?

Ich denke, sie hat eine große Zukunft. Solange Menschen und nicht Roboter die Entscheidungen treffen und die Werkzeuge benutzen, die wir designen, wird gutes Design immer wichtig sein, sowohl in der digitalen als auch der körperlichen Welt. Als Designer ist man immer gespannt, was der nächste Schritt sein wird.

>> Seht in dieser Presseerklärung die besten Entwürfe des Wettbewerbs für das Währungssdesign 

>> Besucht Snøhettas Website für mehr großartiges Grafikdesign und Architektur-Projekte.

Anmerkung: Ein Großteil der Bilder steht laut Beschluss der Bank nur in niedriger Auglösung zur Verfügung, um Fälschungsversuche zu verhindern