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Fotografie

Fotografie-Studenten haben ihre peinlichsten Momente abgelichtet

„Wenn du nicht gewillt bist, dich selbst zu erniedrigen, Fehler zu machen und einfach alles zu versauen, solltest du in Erwägung ziehen, dich in einer Großraumbürozelle zu verkriechen.“
Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Unseen

Die Ausstellung „The Embarrassment Show" auf der kürzlich stattgefundenen Unseen Photo Fair in Amsterdam (18. - 20. September) hatte es in sich. War sie doch das Ergebnis einer ganz besonderen Anweisung des niederländischen Art Directors und Kurator Erik Kessels an einen Drittsemester-Kurs von Fotografienstudenten an der Lausanner Écal: Sie sollten sich peinlich machen. Das sei eine Übung kreativen Ausdrucks.

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„Peinlichkeit ist wichtig. Wenn du nicht gewillt bist, dich selbst zu erniedrigen, Fehler zu machen und einfach alles zu versauen, solltest du in Erwägung ziehen, dich in einer Großraumbürozelle zu verkriechen. Da ist es dann sicherer", schreibt Kessels im Manifest für die Show.

Die Foto-Ausstellung bestand aus einem offenem Raum mit einem Haufen Paletten, an die die Fotos fest getackert waren. „The Embarrassment" ist eine ausdrucksstarke Kollektion von Fotoexperimenten und dreht sich um Themen wie Verwundbarkeit, Fragilität und Mut und nährt den Gedanken, dass das Persönliche auch politisch sein kann.

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Wir kommen sehr nah—fast zu nah—an Tabuthemen wie Essstörungen, Pädophilie, Dysmorphophobie (der eingebildeten Hässlichkeit), Familienumbrüche und Sexualität. Mit dabei sind digitale, Archiv- und gefundene Bilder. Die Studenten druckten außerdem eine entsprechende Zeitung für die Ausstellung.

„Indem sie sich blamieren, sind sie in der Lage, persönliche, oft peinliche und gewagte Geschichten zu erzählen", ist sich Kessels sicher. Die Fotos, die ihr jetzt seht fangen Momente am Abgrund ein. Ist das für den Betrachter oder den Fotografen erfrischender?

Daily Life" von Arunà Canevascini: Das Leben ist nicht immer schön. Manchmal ist es verstörend, seltsam oder sogar grotesk. Diese Bilder sind mein Gegenmittel für das stets Perfekte und die von Selfies besessenen Leben, die Leute in den sozialen Medien zur Schau stellen. Eine ehrlichere Abbildung des normalen, nicht immer außergewöhnlichen Lebens.

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Ladyboy" von Purithat Thongphubal: Ich wurde im Süden Thailands geboren, wo ich bis zum Alter von zehn Jahren auch lebte. Es gab viele Bars mit Nutten und Lady-Boys in der Nähe. Als Kind hatte ich grundlos Angst vor diesen Leuten. Vielleicht konnte ich als Kind einfach nicht verstehen, wie ein offensichtlich weiblicher Körper eine so offensichtlich weibliche Stimme haben konnte. 

SAY GOODBYE TO SADNESS" von Elsa Guillet: Dieses fotografische Tagebuch zeigt mein tägliches Leben mit Bulimie; die Krankheit, die gleichzeitig mein Trost und die Quelle meines Leidens ist. Das Chaos is meiner Wohnung, die Utensilien, mit denen ich mich kotzen lasse, die Veränderungen meines Körpers, die leeren Essenspackungen und die leeren Momente. Dies alles formt mein Leben.

They see me like that" von Clemént Lambelet: Sie sagte mir, meine Wimpern würden noch schöner aussehen, wenn ich Mascara benutzen würde. Sie war die vierte Frau, die mich in den letzten Jahren fragte, ob sie mir Schminke auftragen könnte. Ich habe schließlich beigegeben. Wie sehe ich aus?

NOSE" von Imara Patern o' Castello: Ich mag meine Nase nicht. Es ist die einzige Sache, auf die ich mich konzentriere, wenn ich Bilder von mir selbst betrachte. Jetzt ist es auch die einzige Sache, die ihr seht. Auf diese Weise können andere Leute mich selbst durch meine Augen sehen.

„In the Process of Separation" von Tanya Kottler: Mein Vater ist gestorben, als unser Haus Feuer fing. Als wir die Asche nach dem durchsuchten, was von seinem Leben noch übrig blieb, fanden wir Bilder, die er auf der Hochzeit meiner Eltern gemacht hatte. Diese klischeehaften Bilder des Glücks versteckten die Wirklichkeit ihrer Beziehung, die von Anfang an vom Pech verfolgt wurde.

„Gilles" von Stéphane Mocan: Als ich fünf Jahre alt war, hatten wir einen Au-Pair-Jungen namen Gilles. Er war ein Jahr lang ein integrales Mitglied der Familie. Eines Tages hörten wir von einem pädophilen jungen Mann, der verhaftet worden war. Es war Gilles. Meine Erinnerungen an ihn sind vage und noch heute frage ich mich, wie unsere gemeinsame Zeit wohl war. 

>> Weitere Informationen über The Embarassment findet ihr hier