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Porträts

Portraitdrome: Eine Kamera, drei Minuten und du darfst alles außer sprechen

Hier kommt der Screen Test der Generation Y.

Das Konzept von Portraitdrome ist simpel. Eine Person sitzt drei Minuten auf einem Stuhl vor einer weißen Wand und wird dabei gefilmt. Sie darf alles tun außer sprechen. Die Kamera bleibt bewegungslos. Außer dem Protagonisten befindet sich niemand im Raum.

Bereits über 40 Personen hat der Berliner Filmemacher Luis Schubert auf diese Weise in Szene gesetzt. Für alle ist das Setting gleich, trotzdem schauen sich die so entstandenen 180-Sekünder höchst unterschiedlich. Denn die intimen Porträts sind so verschieden wie die Charaktere vor der Kamera. „Manche wirken unglaublich sympathisch, andere starren Löcher in Wand, manche meinen es geht um einen Modelvertrag", sagt Schubert, der sich während des Drehs nicht im Raum befindet, sondern das Material erst hinterher zu sehen bekommt. Die Gefilmten selber sehen es sogar erst nach Veröffentlichung.

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"Es geht mir darum, etwas Authentisches zu schaffen. Ich will nicht, dass gespielt wird", so Schubert weiter. Deswegen verzichtet er im Gegensatz zu Andy Warhol, dessen populäre Screen Tests mit so prominenten Künstlern wie Bob Dylan oder Salvador Dalí in den 1960ern als Inspiration für Portraitdrome dienten, keine Regieanweiseungen und dreht auch nicht mit Schauspielern.

"Mich hat vor allem die Frage interessiert: Wie gehen die Leute mit der Kamera um? Sehr viele sind ernst und nehmen die Kamera als böse wahr. Sie lassen sich einschüchtern und vergessen teilweise, dass es sich um ein Kunstprojekt handelt", so der Nachwuchs-Regisseur, der das Projekt während seiner Zeit in Paris, wo er gerade an der Sorbonne den Studiengang „Kino und audiovisuelle Medien" abgeschlossen hat, im Rahmen von Performanceabenden mit Freunden startete.

Portraitdrome: Alex from Luis Schubert on Vimeo.

Bisher stammen alle Menschen aus Portraitdrome ausschließlich aus Schuberts Freundes- und Bekanntenkreis. Obwohl er nach Paris und München nun dieser Tage in Berlin abermals drehen wird, solld das auch so bleiben. „Für mich ist es wichtig, die Menschen persönlich zu kennen. Ursprünglich hatte ich die Idee, von jedem meiner Freunde eine Art filmisches Foto zu machen—als Erinnerung. Mittlerweile bekomme ich teilweise auch Anfragen von Unbekannten, aber die lehne ich ab."

Alle drei Tage hat Schubert bisher ein neues Portrait veröffentlicht. Die gesammelten Clips von Portraitdrome postet er auf Tumblr, wo er jedes Video mit ein paar Hashtags zur jeweiligen Person versieht. „Ein paar Insider unter Freunden", erklärt er. Und so hat sich der junge Filmemacher ein äußerst lebendiges Poesiealbum seiner Freunde geschaffen. Ob diese wollen oder nicht: Portraitdome liefert authentische Charakterstudien. Denn wohl kaum jemand ist in der Lage, sich der Intimität zu entziehen, die ein dreiminütiges Kamera-Close-up generiert.

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Seht selbst:

Portraitdrome: Lina from Luis Schubert on Vimeo.

Portraitdrome: Roland from Luis Schubert on Vimeo.

Portraitdrome: Mathilde from Luis Schubert on Vimeo.