"Es gab keine Nacktkalender mit Menschen, die ich sexy finde", sagte die Fotografin Lara Verheijden, als wir sie 2020 zu ihrem Berliner Nacktkalender interviewten. Bevor sie ihr Projekt in der deutschen Hauptstadt umsetzte, hatte die Niederländerin mit dem Stylisten Mark Stadman bereits zwei Editionen ihres beliebten Amsterdamer Nacktkalenders veröffentlicht.Verheijdens Herangehensweise ist denkbar simpel. Die Fotografin sucht über Instagram Menschen, die bereit sind, nackt oder halbnackt in der Öffentlichkeit zu posieren, und macht dann wunderschöne Bilder von ihnen an wechselnden Schauplätzen. Ihre Kalender sind so erfolgreich, dass es die Berliner Ausgabe inzwischen schon das dritte Jahr in Folge gibt. Anstatt den fünften Amsterdamer Kalender zu machen, ist Verheijden dann aber vergangenes Jahr zum niederländischen Lowlands Festival gefahren.
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Der Festivalleiter Eric van Eerdenburg ist großer Fan von Verheijdens Arbeit und hatte der Fotografin erlaubt, das ganze Festivalgelände als Set für ihre Nacktfotoshootings zu benutzen. "Er hat mir einen Freifahrtschein ausgestellt", sagt Verheijden. "Es war sehr aufregend, dass ich nicht alles super heimlich machen musste. Es hat die Shootings zu einer Performance gemacht. Eine Menschenmenge steht drumherum und schaut zu."
Für ihre Stadtkalender hat Verheijdens die Bilder häufig frühmorgens gemacht, wenn auf den Straßen noch nicht so viel los ist. "In den Niederlanden machen Passanten dann manchmal Witze. In Berlin gaffen sie einfach schamlos, was total unangemessen ist." Sie erinnert sich vor allem an ein Shooting in der U-Bahn: "Da saß ein Typ hinter einem Mülleimer und hat Crack in so einer Pfeife geraucht. Der sagte dann zu uns: 'Reißt euch zusammen!'" Beim Lowlands-Festival hingegen seien die Reaktionen generell freundlich gewesen. "Die Leute haben öfter gesagt, wie cool sie finden, dass wir das machen, und seltener 'Geil, Titten!'", sagt Verheijden. "Also das wurde auch gesagt, aber nicht auf eine blöde Art." Beim Lowlands habe eine Solidarität wie auf einer Klassenfahrt geherrscht: "Ich glaube, deswegen kommen die Leute auch immer wieder dorthin. Man ist Teil von etwas Größerem."
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Der Kalender folgt der Chronologie eines richtigen Festivals. Im Januar geht es los mit einem Foto vom Einlass, Dezember schließt mit einem Selbstporträt der Fotografin auf dem verwüsteten Zeltplatz. Die Fotografin, die Festivals laut eigener Aussage eher meidet, hat sich bei ihren Motiven von den Bildern des legendären Woodstock 1969 inspirieren lassen – und auch von der unrühmlichen Woodstock-Wiederauflage 1999.Auf den alten Woodstock-Fotos posieren die Menschen nicht wirklich. "Es sind sehr beobachtende Bilder, sie haben etwas sehr Liebevolles und Poetisches", sagt Verheijden. "Dadurch bin ich auf die Idee gekommen, viele Bilder mit einem Zoomobjektiv zu machen, wie das Foto auf dem Deckblatt des Kalenders. Bei einem Festival will man ja die Menge sehen, man will fühlen, dass da Leute sind."